RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Hier könnt Ihr Erweiterungen oder Verbesserungen des RF2000 vorstellen oder diskutieren. Verbesserungspotential ist ja vorhanden. Modifikationen und Zubehör können hier ebenfalls diskutiert werden.
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Nibbels
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RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von Nibbels »

Generell geht es um die Qualität und Wiederholgenauigkeit der ersten Lage
Ohne Hintergrundwissen ist mir Anfangs garnicht aufgefallen, was es mit der "Ersten Lage" auf sich hat und darum will ich hier mit Halbwissen aufräumen.
Aus meiner Erinnerung quer durchs Internet
Irgendwo hat geschrieben:Die erste Lage sollte man etwas dicker machen, wegen der Betthaftung
Bedingt.
Irgendwo hat geschrieben:Wenn ich die erste Lage in Slicer kleiner wähle, habe ich mehr Anpressdruck
Per Zufall ja, wenn der Düsenabstand nicht stimmt. Eher nein.
Irgendwo hat geschrieben:Die erste Lage ist wichtig
Ja.
Irgendwo hat geschrieben:Wenn man die Erste Lage dünner macht, hält das Bauteil besser.
Autsch.
Irgendwo hat geschrieben:Wenn die erste Lage nichts wird, wird das Bauteil nichts
Definitiv.
Irgendwo hat geschrieben:Meine Düse schleift übers Heizbett
Hätte nicht passieren müssen.
Irgendwo hat geschrieben:Ich stelle 0.2mm ein und meine erste Lage ist viel zu dick und hält nicht!!
Hätte nicht passieren müssen.

Das klingt evtl. etwas abgehoben, aber inzwischen bin ich mir sehr sicher, dass diese Probleme und Lösungsansätze um ein Prinzip herumeiern, das eigentlich mit der z-Matrix und dem Heat-Bed-Scan (HBS) behoben sein sollte, welche aber nur unter Idealzuständen funktioniert. (Was auch klar gesagt wird.)
Das Prinzip das hinter den meisten Fehlern steckt:

Die thermische Ausdehnung einiger Komponenten.
Wenn man ein Objekt kälter oder heißer macht, verändert es normalerweise seine Größe.
Der Drucker muss auf eine Arbeitstemperatur eingestellt/kalibriert sein und diese auch in jedem Punkt erreichen können, bevor der Druck startet.
Detailinfo
Auf Verbundwerkstoffe mag das teilweise nicht zutreffen, wie z.B. bei Carbonfaserverbund.
Ansonsten kann man die Ausdehnungsrate pro °C oder °K z.B. hier nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Ausdehnungskoeffizient
Dazu eine Problemkategorisierung:

Das mit der z-Matrix und dem HBS funktioniert, wenn man immer immer immer immer immer immer ... stock konservativ ...
  • dieselben Aufheizzyklen fährt,
  • extrem lange vorwärmt,
  • dieselbe Drucktemperatur nutzt,
  • dieselbe Betttemperatur nutzt.
  • ein Gefühl für das manuell einstellbare Z-Offset entwickelt hat
  • immer ähnlich große Bauteile drucken will
Aber daran hält man sich nicht, wenn man
  • Anfänger ist,
  • ein Filament testen will,
  • etwas tapsig die Betthaftung verbessern will,
  • nicht weiß oder wissen kann, dass der Drucker nicht korrekt eingestellt ist.
  • uvm.
Daran kann man leider nicht so einfach rütteln:
  • Auch das Hotend dehnt sich nach. Deshalb das Hotend länger Vorheizen ist bei vielen Materialien keine Option.
Theorie vs. Realität

Man könnte denken:
Extruder kalt, Länge X.
Extruder heiß, Länge X+0.0...


1) Allerdings erreicht die Wärme mit gutem Grund nicht jede Stelle im Drucker sofort. Überall wo eine Isolierung nötig ist, fließt die Wärme langsamer drüber und daher verändert sich das Maß verzögert.
2) Je nachdem welchen HotendTyp man im Drucker verbaut hat, ändert sich die nachfolgend dargestellte Situation etwas.
3) Je nachdem welchen HeizbettTyp und welche Heizbett-Aufhängung man im Drucker verbaut hat, ändert sich die nachfolgend dargestellte Situation etwas.
4) Je nachdem ob man
  • eine Einhausung hat oder nicht,
  • einen HeatedChamber hat oder nicht,
  • sonstige Modifikationen wie veränderte Kühlung verbaut hat oder nicht
  • ...
verändert man, wenn auch nur leicht den Wärmehaushalt des Druckers.

Zahlen
Diese Werte sind nicht 100% genau, aber ein Richtwert:

Direkte Reaktion auf Temperatur
(Im bunten Bild unten Phase I -> II)
Die Längung eines V2-Hotends ist ca. 0.001mm/°C
(kein Bild)
Die Höhenveränderung des Heizbettes ist ca. 0.0015mm/°C

Tipp: Bei Dual-Extrusion wirkt diese statische Längung auch. Ein heißes Hotend ist daher länger, näher am Bett wie ein kaltes Hotend.
heizbett_over_temp.jpg
Verzögerte Reaktion auf Temperatur
(Im bunten Bild unten Phase II -> III)
Heizbett:
heizbett_over_time.jpg
V2-Hotend:
V2_Laengung.jpg
So sieht verzögerte Nachlängung am Bauteil aus, wenn Anfangs, die Düse zu weit weg war und sich dann immer mehr dem Bett nähert.
nachlängung.jpg
Man sieht Hilbert-Curves, das hat den Effekt, dass der Drucker diese Quadratzentimeter-Kästchen nacheinander druckt. Somit sieht man schön den Vergleich, welche Kästchen offensichtlich zuerst und welche nach einer anständigen Durchwärmung des Druckers entstanden sind. Eigentlich wollte der Slicer mit immer auf der gleichen Höhe die selbe Dicke der ersten Lage erreichen. Klappt nicht, wegen Nachlängung.
Siehe auch: http://www.rf1000.de/viewtopic.php?f=25 ... t+Bed+Scan

Detailinfos zu den Grafiken und die Entstehungshistorie der Werte gibts hier:
http://www.rf1000.de/viewtopic.php?f=7& ... =60#p16346


Bundstifte erklären die Realsituation in Nibbels Drucker

Drucker kalt, aufgeheizt, durchgewärmt. -> Unterschiedlich viel Platz zwischen Düse und Heizbett für den ersten Layer.
lage_vs_thermo.jpg
Nehmt euch die Zeit, dieses Bild genau zu verstehen ;)
Links ist der Drucker kalt, rechts ist der Drucker voll durchgeheizt.
Das Hotend (oben) strebt nach unten, das Heizbett (unten) strebt nach oben.


Folglich wird der Düse-Bett-Abstand immer kleiner, bis er sich stabilisiert hat.
Jede statische Kalibrierung bzw. der HBS-Scan oder der neue HBS-Scan deckt hier nur einen Vorher-Stand, Zwischenstand oder Endstand ab.
Darum kann die erste Lage quasi nur perfekt werden, wenn man perfekt eingestellt immer immer ... dasselbe Script abläuft.

Düse-Bett Abstandskalibrierung des Druckers

Der Drucker kennt folgende Abstandskorrekturschritte:
  • Z-Schraube um dem Drucker beim Homing mitzuteilen, wo "Z-Stelle 0" ist.
  • Z-Offset um die "Z-Stelle 0" ein wenig nach unten oder oben tunen zu können.
  • z-Matrix, um die Unebenheiten des Heizbettes je nach Bettposition (X/Y) auszugleichen. Hinten links hat die Keramik evtl. eine leicht andere Höhe als in der Mitte. Die Keramikachel sieht genaugenommen leicht wellig aus.
Sind alle drei Einstellmöglichkeiten gut eingestellt (Z-Offset / z-Matrix) oder in einem guten Bereich (Z-Schraube), dann hat man seinen Drucker für die jeweilige Temperatur so eingestellt, dass die erste Lage z.B. 0.2mm dick wird, wenn der Slicer 0.2mm fordert.

Tipp: Ist der Düse-Bett-Abstand kleiner als der Slicer meint, quetscht es die erste Lage etwas mehr aufs Bett und zur Seite raus, also könnte man sagen, man könnte unter Umständen etwas mehr Bett-Haftung erhalten.
Man könnte allerdings auch die Spurbreite im Slicer leicht breiter machen, dann hat man beim perfekt eingestellten Drucker denselben Effekt ohne Überextrusion.

Slicer 0.2 vs. real 0.2
Der Punkt ist, dass der Slicer ein Düsen-Bett-Abstand annimmt, die Materialmenge dementsprechend ausrechnet und fördern lässt. Stimmt der Düse-Bett-Abstand nicht, passt die Materialmenge nicht, wird der erste Layer nicht zwingend perfekt. Zu weit weg = Lücken, zu nah = Überextrusion, wegquetschen zur Seite.
Der Slicer kann nicht wissen, dass die geforderten 0.2mm unter Umständen als 0.01mm oder 0.35mm umgesetzt werden. Darum ist eine perfekte Einstellung des Düse-Bett-Abstandes die ideale Situation, bevor man am Extrusion-Multiplier oder Z-Offset dreht, um die erste Lage korrekt mit Material zu füllen!
Die althergebrachte Perfect-First-Layer-Lösung:
  • HBS-Scan genau durchführen.
  • Z-Offset für die Arbeitstemperatur aus Erfahrung wissen und einstellen.
  • Man stellt während der ersten Lage mit den Z-Achsen-Tasten den Drucker nach, wenn man sieht, dass bei der ersten Lage das Bett immer mehr durchschimmert oder wegen zu enger erster Lage die Digits (=Kraftwert im des Hotends/Dehnmessdosen) steigen.
mhiers Perfect-First-Layer-Lösung:
  • HBS-Scan durchführen.
  • mhier-Scan durchführen (legt exaktes Offset zur Laufzeit fest) (Firmware Mod)
  • Man stellt während der ersten Lage mit den Z-Achsen-Tasten den Drucker nach, wenn man sieht, dass bei der ersten Lage das Bett immer mehr durchschimmert oder wegen zu enger erster Lage die Digits (=Kraftwert im des Hotends/Dehnmessdosen) steigen.
Weitere Doku: http://www.rf1000.de/viewtopic.php?f=7&t=1504
Weitere Doku: https://github.com/mhier/Repetier-Firmware/ readme und changelog

mhier/Wessix/Nibbels Perfect-First-Layer-Lösung:
  • HBS-Scan durchführen.
  • mhier-Scan durchführen (legt exaktes Offset zur Laufzeit fest) (Firmware Mod)
  • Man aktiviert Sense-Offset (Firmware Mod) und lässt den Drucker selbst, anhand einer oberen Digits-Grenze das "Nach-Wärm-Offset"=SenseOffset nachjustieren. Diese Automatik fährt das Bett etwas weiter runter, wenn die Digits in der ersten Lage über ein einstellbares Limit ansteigen.
SenseOffset-Prinzip:
  • Düse näher dran, gleicher Materialfluss = mehr Digits/Kraftwert
  • Düse weiter weg, gleicher Materialfluss = gleichviele oder weniger Digits/Kraftwert
Auch hier kann man mit Z-Offset eingreifen, doch mehr als das exakte Z-Offset ist hier das Wissen über die groben erwarteten Digits bei der jeweiligen Lagenhöhe/Material/Temperatur nötig. Die findet man raus, wenn man in höheren Lagen das Display beobachtet.
Beispiel: Ich weiß, dass mein ABS-Druck bei ca. 3700 rumpendelt. Das Limit stelle ich nach Daumenmaß auf 5000 max.

https://www.youtube.com/watch?v=HGe25ZjklXQ


Weitere Doku: http://www.rf1000.de/viewtopic.php?f=7& ... =60#p16397
Weitere Doku: https://github.com/Nibbels/Repetier-Firmware/ readme und changelog

WICHTIG: Der Mod ist für Druckprofis gedacht, die mehr wollen, weniger für Anfänger. Auch wenn man sich mit M3909 seine Düse quasi nicht mehr übers Heizbett wetzen kann, sollten Anfänger auf die Firmware und den Support von Conrad vertrauen ;)
Support von meiner Seite gibts sehr sehr gerne von mir, aber nicht garantiert ^^. Haftung jeglicher Art ist ausgeschlossen. Auch wenn man im Grunde aktuell nichts falsch machen kann.

Der erste der mir was von Nachlängung erzählt hat, war AtlonXP. Die Idee mit den Digits hatte Wessix. Das Coden ist Nibbels Werk.
Tester:
Nibbels auf RF2000 mit Hotend V2
Wessix auf RF1000 mit E3D V6

Kritik ist mir ziemlich wichtig :)
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Zuletzt geändert von Nibbels am Mi 25. Jan 2017, 17:08, insgesamt 6-mal geändert.
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Firmware Mod 1.45.00.Mod - geht SD wieder 100%?

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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von Nibbels »

Es gibt im Forum noch weitere Threads zur Ich konnte nicht alle spontan finden, aber die meiner Meinung nach wichtigsten sind ebenfalls quasi Zwangslektüre für die erste Lage.

LG
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Firmware Mod 1.45.00.Mod - geht SD wieder 100%?

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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von mhier »

Wow! Super Erklärungen! Danke dafür! Und auch tolle Arbeit, das alles so herauszufinden!

Ich glaube, der kritische Punkt an der Sache ist, dass die Dehnungsmessstreifen nicht unbedingt langfristig vergleichbare Werte liefern. Gerade wenn man zwischendurch mal seinen Drucker auf Fräs-Modus und zurück umbaut, zeigt er danach im Leerlauf immer etwas unterschiedliche Digits an. Ich kann mir also gut vorstellen, dass das am Anfang prima funktioniert, und man nach einiger Zeit immer Ärger hat, weil es einfach nicht mehr tut. Wenn man mal weiß, woran es liegt und wie man es korrigiert, ist das sicher auch kein großes Problem, aber vielleicht kann man auch das noch automatisieren:

Ich würde statt einem absoluten Limit ein relatives Limit zur Leerlauf-Anzeige verwenden. Also wenn du sagst, dass im normalen Druck bei dir z.B. 3700 Digits angezeigt werden und (jetzt erfinde ich Werte natürlich) sagen wir im Leerlauf -800, dann würde deinem 5000er Limit ein relatives Limit von 5800 entsprechen. Wenn man dann seinen Drucker einmal umbaut und zurück, zeigt er danach vielleicht im Leerlauf +500 an. Aus dem 5000er Limit wird somit automatisch ein 6300er Limit, was vermutlich deutlich genauer der gleichen Kraft entsprechen dürfte als bei 5000 zu bleiben.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das stimmt. Das müsste man vermutlich mal ausprobieren (z.B. mal gezielt die DMS leicht verspannen).
Gruß, Martin

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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von rf1k_mjh11 »

Darf ich zu den vorgebrachten Lösungen:
Nibbels hat geschrieben: Die althergebrachte Perfect-First-Layer-Lösung:
...

mhiers Perfect-First-Layer-Lösung:
...

mhier/Wessix/Nibbels Perfect-First-Layer-Lösung:
...
noch meine
"Quick & Dirty Lösung"
bekanngeben?

Quick & Dirty Lösung: (auch für Anfänger geeignet)

Voraussetzung: Der Abstand Bett-zu-Düse sollte recht gut passen. Siehe dazu diesen Beitrag zur Erklärung.

Vorgangsweise:
Dazu muss man dann einfach, im Slicer, je nach vorgesehener Layerhöhe, für das erste Layer ein entsprechendes Vielfaches der Layerhöhe angeben.
Beispiele:
  • 'normale' Layerhöhe wäre 0.15mm
  • Erste Layerhöhe = 250% (ergibt für das erste Layer eine Höhe von 0.375 --> da gibt es meist keine Probleme mit der Längung)
oder
  • 'normale Layerhöhe wäre 0.25mm
  • Erste Layerhöhe = 150% (ergibt wieder für das erste Layer eine Höhe von 0.375mm)
Wie gesagt, wenn der Abstand Düse/Bett passt, kommt in allen Fällen gleich viel Material heraus (relativ gesehen) und die Haftung sollte in allen Fällen annähernd gleich gut sein.

Nachteil der Methode gegenüber der zwei letztgenannten, oben:
Die Objekthöhe wird um die Längung des Hot Ends und des Betts kürzer sein (besonders bei Druckaufträgen mit sehr langer Dauer).

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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von Nibbels »

Danke für die Kommentare :)
rf1k_mjh11 hat geschrieben: Quick & Dirty Lösung: (auch für Anfänger geeignet)

Voraussetzung: Der Abstand Bett-zu-Düse sollte recht gut passen. Siehe dazu diesen Beitrag zur Erklärung.

Vorgangsweise:
Dazu muss man dann einfach, im Slicer, je nach vorgesehener Layerhöhe, für das erste Layer ein entsprechendes Vielfaches der Layerhöhe angeben.
Beispiele:
  • 'normale' Layerhöhe wäre 0.15mm
  • Erste Layerhöhe = 250% (ergibt für das erste Layer eine Höhe von 0.375 --> da gibt es meist keine Probleme mit der Längung)
oder
  • 'normale Layerhöhe wäre 0.25mm
  • Erste Layerhöhe = 150% (ergibt wieder für das erste Layer eine Höhe von 0.375mm)
Wie gesagt, wenn der Abstand Düse/Bett passt, kommt in allen Fällen gleich viel Material heraus (relativ gesehen) und die Haftung sollte in allen Fällen annähernd gleich gut sein.

Nachteil der Methode gegenüber der zwei letztgenannten, oben:
Die Objekthöhe wird um die Längung des Hot Ends und des Betts kürzer sein (besonders bei Druckaufträgen mit sehr langer Dauer).

mjh11
Das ist natürlich das einfachste :)

Ja, je dicker die erste Lage, desto weniger fällt der Fehler ins Gewicht. :oops: Ich wusste das schon, auswendiggelernt, habs aber nie als Lösung gesehen. Aber, völlig klar, es ist eine Methode, die quasi immer funktioniert und bei der man sich bei den allermeisten Drucken keine Sorgen machen braucht.
:silly: Jetzt wird mir auch endlich klar, warum der Fernost-Prusa meines Nachbarn überhaupt funktionieren kann.

Edit: Eine kleine Einschränkung: Ich hab quasi ständig im linken Extruder die 0.3mm-Düse. Da ist eine sehr hohe Lagendicke nicht so ideal. Und sollte man wie Wessix mit ner 0.2er Versuche starten, wirds noch kritischer.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass man mit dem Mod auch ne 0.25er oder 0.2er Düse am V2 nutzen könnte. Auch wenns evtl. an Unsinn grenzt und jeder Staubkorn die Düse verstopfen würde.
mhier hat geschrieben:Wow! Super Erklärungen! Danke dafür! Und auch tolle Arbeit, das alles so herauszufinden!

Ich glaube, der kritische Punkt an der Sache ist, dass die Dehnungsmessstreifen nicht unbedingt langfristig vergleichbare Werte liefern. Gerade wenn man zwischendurch mal seinen Drucker auf Fräs-Modus und zurück umbaut, zeigt er danach im Leerlauf immer etwas unterschiedliche Digits an. Ich kann mir also gut vorstellen, dass das am Anfang prima funktioniert, und man nach einiger Zeit immer Ärger hat, weil es einfach nicht mehr tut. Wenn man mal weiß, woran es liegt und wie man es korrigiert, ist das sicher auch kein großes Problem, aber vielleicht kann man auch das noch automatisieren:

Ich würde statt einem absoluten Limit ein relatives Limit zur Leerlauf-Anzeige verwenden. Also wenn du sagst, dass im normalen Druck bei dir z.B. 3700 Digits angezeigt werden und (jetzt erfinde ich Werte natürlich) sagen wir im Leerlauf -800, dann würde deinem 5000er Limit ein relatives Limit von 5800 entsprechen. Wenn man dann seinen Drucker einmal umbaut und zurück, zeigt er danach vielleicht im Leerlauf +500 an. Aus dem 5000er Limit wird somit automatisch ein 6300er Limit, was vermutlich deutlich genauer der gleichen Kraft entsprechen dürfte als bei 5000 zu bleiben.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das stimmt. Das müsste man vermutlich mal ausprobieren (z.B. mal gezielt die DMS leicht verspannen).
Stimmt, ist ne gute Verbesserung!
Das wäre im Grunde nur Copy&Paste von deinem mhier-Scan, weil du holst dir ja auch den Ruhe-Kraft-Wert. Dann das vom Digits-Limit abziehen und fertig.
Ich werde das testen, kann nur die Tage grad nicht so viel Zeit abzwacken.

Generell gefällt mir die Idee, dass ich im Druckermenü auch gerne deinen Scan und diese Ausgleichsfunktion aktivieren können wollte. Ich habe aber noch nicht abschließend erforscht, wie man das Druckermenü in den höheren Ebenen (+Abfragen) verändern kann.

Danke :)
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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von Wessix »

Wichtig ist vielleicht noch zu erwähnen, dass der mod ja bis auf die weitere menü seite im display des druckers rein optional ist und erst über den entsprechenden mcode aktiv wird. Man kann damit z.b. Zu vergleichszwecken auch "ganz normal" drucken. Ich finde die idee mit der differenz zum ruhewert nich schlecht, würde aber auch das "einfach" als option machen - so wie p und s wert einfach einen weiteren z.b. D-wert der dann 0 oder 1 sein kann, 0 für absolute werte für die digits die man angibt und bei 1 wird diese als differenzwert interpretiert


.
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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von Nibbels »

Es wird für mich in naher Zukunft daraus hinauslaufen, dass ich die eigentliche Funktion nie wieder abschalten würde.
Evtl. muss der Defaultwert auf "11000 bis 15000 digits"
Aber mal sehen! Im Grunde kann die Funktion immer mitlaufen, wenn man die Z-Compensation an hat.

Dann wird sie zum Bett-Kratz-Verhinderer degradiert, ist aber nicht inaktiv.
Die Limits sind das Maß mit dem sie wirkt. Und da sie tatsächlich nur im ersten Layer wirkt, würde das System selbst bei Düsenverstopfung danach nicht unabsichtlich das Bett absenken.

Die Pfeiltasten RECHTS und LINKS auf dem Drucker könnten auch z.B. jeweils 200Digits zum Limit addieren oder abziehen.
Das natürlich nur in "Menü 2", in dem man auch das Z-Offset und die Druckgeschwindigkeit ändern kann.


Das ist er, der aktuelle Masterplan :)
Wenn jemand bessere Ideen hat, bitte hier her!

LG
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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von mhier »

Die sinnvollen Grenzwerte werden übrigens auch noch stark von der Druckgeschwindigkeit abhängen. Bei geringerer Geschwindigkeit steigt der Wert nicht so stark an, wenn zu viel Material extrudiert wird. Das Material kann dann an der Düse vorbei und macht effektiv den Layer dicker, als er eigentlich werden sollte. Dann gibt's manchmal sogar Probleme im zweiten Layer.

Zusätzlich wird es noch von der Temperatur abhängen. Wenn ich (bei ABS z.B.) die Temperatur relativ niedrig habe und die Andruckschrauben bei der Filament-Förderung sehr stramm anziehe, bekomme ich recht schnell Schrittverluste durch Überextrusion. Im Endeffekt hat das dann den gleichen Effekt wie der Mod, nur halt dass der Layer nicht dicker wird sondern weniger Material extrudiert wird (aber auf eine sehr hässliche Weise). Man müsste dann den Grenzwert unterhalb dieser Schwelle haben, sonst wird er nie erreicht.

Das ist beides aber näturlich eine Einstellungsfrage. Das lässt sich wohl eher nicht automatisieren. Das kann nur Probleme machen, wenn man z.B. häufig mit unterschiedlichen Temperaturen und Geschwindigkeiten druckt (warum auch immer - manche Slicer z.B. haben eine maximale Layer-Zeit und drucken langsamer, falls die überschritten würde). Dass man es für jedes Material getrennt einstellen muss, sollte eh klar sein.
Gruß, Martin

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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von rf1k_mjh11 »

Ja, Nibbels hat recht:
Nibbels hat geschrieben:Eine kleine Einschränkung: Ich hab quasi ständig im linken Extruder die 0.3mm-Düse. Da ist eine sehr hohe Lagendicke nicht so ideal. Und sollte man wie Wessix mit ner 0.2er Versuche starten, wirds noch kritischer.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass man mit dem Mod auch ne 0.25er oder 0.2er Düse am V2 nutzen könnte. Auch wenns evtl. an Unsinn grenzt und jeder Staubkorn die Düse verstopfen würde.
Man sollte generell keine Layerhöhe größer als ca. 80% des Düsendurchmessers wählen. Und damit stößt man mit der "Quick & Dirty" Methode bei kleinen Düsendurchmessern schnell an die Grenzen. Sicherlich ein deutlicher Nachteil der Methode.

Die Nachlängung des Hot Ends und des Betts tritt besonders bei längeren Druckaufträgen auf. Das müssen Druckaufträge sein, wo zumindest der erste Layer lange dauert, da hier am ehesten Probleme dadurch entstehen können.

Um das Beispiel mit einer kleinen Düse besser verstehen zu können, habe ich ein Beispiel gesliced:
Einstellungen: 0.2mm Düse, Raupenbreite 0.22mm, Layerhöhe 0.1mm
Das Objekt: Ein Quader, 200x200x0.2mm, also quasi ein 'dickeres Blatt Papier', über den Großteil der Bettfläche

Voraussichtliche Druckdauer: drei-ein-halb Stunden (für nur 2 Layer!!!).

Wollte einer mit solchen Einstellungen was 'normales' Drucken, so wie ein Gehäuse für eine Schaltung, sagen wir 30mm hoch, kann er das ganze Wochenende verplanen (Druckdauer 79h), trotz Füllgrad von 'nur' 15%).

Damit möchte ich nur sagen, dass kleinere Düsen (dazu zähle ich schon die 0.3mm Düse) eher für kleinere Druckjobs geeignet sind - außer die Zeit spielt für einen gar keine Rolle.
Ich selbst verwende eine 0.3er Düse häufig. Dann sind meine Aufträge relativ kurz, wo wieder die Längung weniger eine Rolle spielt.
Diese Längung (zumindest des Hot Ends) fiel mir genau dann auf, als ich mal mit einer 0.3er Düse fast das ganze Druckbett mit Objekten abgedeckt hatte. Normalerweise würde so ein Auftrag ewig dauern, aber die Objekthöhe war nur 1.2mm (das waren Weihnachtsanhänger).

mjh11
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Re: RF2000/RF1000 Die Erste Lage - Kompensation der thermischen Ausdehnung und thermischen Nachdehnung

Beitrag von Wessix »

Das interessante ist doch das man mit "ohne" dem Mod ein flächiges Bauteil oder eines mit einem sehr langsam zu druckenden 1 Layer und einer kleinen Düse ohne ständig davor zu sitzen und nachzujustieren gar nicht drucken kann.
Druckzeit spielt immer eine relative Rolle. Wobei man bei einem Verfahren wie dem FDM Druck ja eigentlich eher ein gescheites Objekt anstatt ein schnell hingepatztes haben will.
Habe aber auch schon gesehen wie jemand mit einer speziellen 0,2 er Düse mit 80mm/s gedruckt hat.....

Ich würde hier gerne noch eine Idee zur diskussion stellen, sie hat Vor- und Nachteile und vielleicht auch Gefahren:
Das aktuelle Verhalten bei einem Emergency-Stopp während des Drucks ist auf maximale Sicherheit ausgelegt - sodass am Drucker kein Schaden entsteht. Für das erfolgreiche Gelingen eines Druckes ist es aber leider nicht immer förderlich. Z.b. wenn mann mit einer sehr kleinen Düse druckt und dabei ein vielleicht nicht mehr ganz taufrisches Filament verwendet kann es durch was auch immer daszu kommen dass die Digits sehr ansteigen, manchmal sogar über die 15000. aktuell bleibt der drucker dann mitten im Bauteil stehen. Das eh schon gestaute Filament staut sich noch weiter auf und macht nen fetten Blob mitten ins Bauteil.
Meine Beobachtung war, dass ich z.b. durch 2x pause drücken das Hotend in die Parkposition fahren konnte, die Digits sich dort meist selbst abgebaut haben oder ich durch minimales extrudieren am schalter die Düse wieder freibekommen konnte und der meist lange Druck danach fortgesetzt und durchaus erfolgreich beendet werden konnte.
Nun wäre die Frage ob man ein solches Verhalten, natürlich optional nicht auch einbauen könnte. Und eine Art Sicherheitskontrolle einbauen, dass wenn es zu mehreren solchen "Freispülversuchen " innerhalb zu kurzer Zeit kommt, das hotend dan doch stehenbleibt, aber wenn möglich nicht im Bauteil.
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Z-Kette
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Platinenlüfter
X19 Schaltung LED
pi-Octopi+ Cam
Ritzel-Kühler
Firmware Mod 1.45.00
Antworten

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